Faktenblatt
Faktenblatt zur «Eventualverpflichtung Erdbeben»
Warum Erdbeben ein Risiko für die ganze Schweiz bilden und die Eventualverpflichtung im Ernstfall wirkungsvollen und kostengünstigen Schutz bietet.
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Erdbeben treten selten auf, verursachen aber riesige Schäden. Gemäss dem Schweizerischen Erdbebendienst (SED) können starke Erdbeben jederzeit und überall in der Schweiz auftreten. Sie verursachen Schäden an Gebäuden und ihren Inhalten zwischen 11 und 44 Milliarden Schweizer Franken. Die Finanzierung des Wiederaufbaus wird für viele private Gebäudeeigentümer/innen, Gemeinden und Städte zur existenziellen Herausforderung. Insbesondere Banken und Pensionskassen sind betroffen: Hypotheken können nicht zurückbezahlt werden und die Rendite sowie Werthaltigkeit der Immobilienportfolios von Pensionskassen und Finanzinstituten wird verringert.
Die Vorbereitung auf mögliche Ereignisse ist zentral, damit der Wiederaufbau nach einem Erdbeben rasch vorankommt und Schäden begrenzt werden. Dazu gehört auch eine Regelung, wie die finanziellen Mittel für die Reparatur oder den Wiederaufbau bereitgestellt und verteilt werden. Die Eigentümer/innen müssen Gewissheit haben, dass die Schäden an ihren Gebäuden übernommen werden. Private und Unternehmen sollen in der betroffenen Region bleiben können. Die Eventualverpflichtung ist wesentlich günstiger als eine klassische Versicherungslösung. Hohe Jahresprämien werden überflüssig, denn eine Zahlungspflicht resultiert erst nach einem schweren Erdbeben.
Warum die Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen die «Eventualverpflichtung Erbeben» unterstützt.
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Nur 15 % der Gebäude sind heute gegen Erdbeben versichert. Das ist nachvollziehbar: Für wen macht es Sinn, während Jahrzenten hohe Versicherungsprämien für ein sehr seltenes Risiko zu bezahlen?
Alternativ dazu könnte im Ernstfall theoretisch auch der Staat einspringen und den Gebäudewiederaufbau finanzieren. Doch Staatsausgaben werden über Steuern finanziert. Es stellt sich die Frage was vorzuziehen ist: Nachträgliche Steuererhöhungen oder eine einmalige und solidarische Abgabe unter den Gebäudeeigentümer/innen im Ernstfall?
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Mit der Einführung einer Eventualverpflichtung fallen die Prämienzahlungen für private Erdbebenversicherungen weg – ein grosses jährliches Einsparungspotential. Nur bei einem starken Erdbeben wird einmalig ein begrenzter Betrag für alle Gebäudebesitzer/innen fällig.
Beispiel: Für ein Einfamilienhaus mit einem Gebäudeversicherungswert von CHF 500'000 sind dies maximal CHF 3'500 (0.7%). Damit wären nach einem Erdbeben in der Schweiz rasch 22 Milliarden Schweizer Franken für die Finanzierung des Wiederaufbaus verfügbar.
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In den Gebäuden steckt meist der grösste Teil des Vermögens. Mit der Eventualverpflichtung haben alle Eigentümer/innen die Sicherheit, dass ihre Existenzgrundlage gedeckt ist. Die eingesparten Prämien für Erdbebenversicherung des Gebäudes können für die Versicherung von Hausrat und Geschäftsinventar oder von Schäden durch Betriebsunterbruch oder Mietertragsausfall eingesetzt werden. Die Eventualverpflichtung, bei Bedarf individuell ergänzt mit privaten Zusatzversicherungen, bietet somit einen optimalen Schutz.
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Für 85 % der Gebäude ist die Finanzierung des Wiederaufbaus nicht gesichert. Deren Besitzer/innen wären auf sich allein gestellt. Mit Privatversicherungen allein kann ein solch seltenes Ereignis wie ein Erdbeben nicht umfassend gedeckt werden. Denn würden sich alle Gebäudeeigentümer/innen für eine private Erdbebenversicherung entscheiden, wäre dies nur zu deutlich höheren Prämien möglich, wenn überhaupt. Bereits heute haben einzelne Privatversicherer Leistungsbegrenzungen in ihren Versicherungsbedingungen, so dass ein Wiederaufbau nicht vollständig garantiert ist.
Ob alt oder neu, alle Gebäude sind betroffen: Erdbebensicheres Bauen (Baunorm SIA 261) hat den Personenschutz zum Ziel. Das heisst, dass ein Gebäude während eines Bebens nicht einstürzen darf. Es kann aber trotzdem schweren Schaden nehmen oder ein Abbruch erforderlich werden.
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Nach einem Erdbeben wird sich der Staat um die Verletzten und Schutzsuchenden sowie um die Sicherstellung und Instandsetzung der Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur kümmern. Er wird seine finanziellen Mittel also vor allem in den Wiederaufbau der Infrastruktur stecken, weil dies seine Staatsaufgabe ist. Im Gegensatz dazu ist die Finanzierung des Wiederaufbaus von Privateigentum keine Staatsaufgabe.
Obwohl Erdbeben gemeinsam mit Pandemie und Strommangellage zu den drei grössten Risiken der Schweiz zählen, sind deren Auswirkungen nicht direkt vergleichbar. Bei den staatlichen Interventionen etwa zur Rettung von Banken und Energieversorgungsunternehmen wurden Garantien, Bürgschaften und ähnliches vom Bund gewährt. Es floss aber kaum Geld. Im Fall der Pandemie wurden zusätzlich die Sozialversicherungen aktiv. Bei einem Erdbeben reichen Garantien aber nicht mehr aus. Hier muss rasch sehr viel Geld fliessen, damit die Baufirmen ihre Arbeit aufnehmen können. Der Bund kann sich dabei auf keine gesetzliche Grundlage abstützen. Diese zu erarbeiten benötigt Zeit, die für den raschen Wiederaufbau verloren geht.
Wenn der Staat schlussendlich doch den Wiederaufbau privater Gebäude finanzieren wollte, würden dadurch Steuererhöhungen unumgänglich. Aber warum sollte die breite Bevölkerung und insbesondere Mieterinnen und Mieter sich an Kosten für den Wiederaufbau von privaten Gebäuden beteiligen? Und wenn die öffentliche Hand den Wiederaufbau mit Aufnahme von Schulden finanziert, wird die finanzielle Last auf nachfolgende Generationen übertragen.
Fazit
Die Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherung begrüsst die Botschaft des Bundesrats zur Finanzierung der Behebung von Gebäudeschäden bei Erdbeben. Die «Eventualverpflichtung Erdbeben» ist eine solidarische Lösung unter der Gebäudeeigentümerschaft. Sie ermöglicht den günstigsten und umfassendsten Schutz von Gebäuden für Schäden durch Erdbeben. Mit ihr lassen sich Versicherungsprämien über Jahrzehnte einsparen oder zielgerichteter einsetzen und einen deutlich kostengünstigeren sowie wirksameren Schutz garantieren. Zudem stellt die Eventualverpflichtung sicher, dass sich die öffentliche Hand auf die Finanzierung der Wiederherstellung der Infrastruktur konzentrieren kann und sich nicht um die Finanzierung von Privateigentum kümmern muss.